Die Business Unit FTS will das Optimierungspotenzial in der Auftragsdokumentation voll ausschöpfen. Digitale Lösungen sollen helfen, den neu definierten SOLL-Prozess zu erreichen.
Doch beginnen wir zunächst mit der Definition einiger zentraler Begriffe und Abläufe, um die Thematik als Ganzes besser zu verstehen:
Im FTTS/B-Rollout werden Schweizer Gemeinden mit Glasfaser ausgebaut. Ein Los steht dabei für ein Teilprojekt des jeweiligen Ausbaus. Es bezieht sich auf die Versorgung eines Gebietes innerhalb der auszubauenden Gemeinde mit einem Glasfaser-Stammkabel, das von der Zentrale ausgehend verläuft.
Bei der logischen Kontrolle wird durch Swisscom das Dateninventar kontrolliert, um zu verifizieren, ob cablex als Auftragnehmer die Arbeiten im Feld richtig dokumentiert und entsprechend im System abgebildet hat. Diese logische Kontrolle Abnahme wird bei jedem Los durchgeführt.
Die physische Kontrolle Abnahme erfolgt pro Gemeinde im Anschluss an die erfolgreiche logische Kontrolle Abnahme aller Lose. Nach einem genau definierten Abnahmeprotokoll wird eine gewisse Anzahl von Installationen (mCAN- und XGS-PON-Standorte) vor Ort überprüft. Wird eine festgelegte Obergrenze an Fehlern überschritten, wird das Los zurückgewiesen.
Wird cablex von Swisscom beauftragt, eine Gemeinde zum Beispiel mit Glasfaser zu erschliessen, so müssen die einzelnen Lose des Netzbauprojektes am Ende auf logischer und physischer Ebene den Anforderungen von Swisscom entsprechen und zwar – so der Anspruch von cablex – am besten gleich bei der ersten Prüfung. Deshalb spricht man auch von dem Ziel: "First time right".
Grundsätzlich hat cablex mit der Auftraggeberin Swisscom vereinbart, dass innerhalb von 20 Tagen nach Abschluss der Arbeiten im Feld die Anmeldung zur logischen Kontrolle Abnahme erfolgen muss. Diese Durchlaufzeit wird in den meisten Fällen nicht eingehalten und deutlich überschritten. Darüber hinaus sind auch die Ergebnisse der logischen Abnahme nicht zufriedenstellend, da sich die Dokumentation oftmals als lückenhaft erweist.
Die Überschreitung der 20-tägigen Durchlaufzeit wirkt sich auch auf die Auftraggeberin Swisscom aus: Es kommt zu Fluktuationen in der Arbeitsbelastung. Phasen mit ausserordentlich hohem Prüfungsbedarf und Phasen mit geringerem Dokumentationsaufkommen wechseln sich ab und erzeugen einen unausgeglichenen Workload. Dies ist – sowohl für cablex als auch für Swisscom – nicht im Sinne einer gleichmässigen Arbeitslast, die im Rollout angestrebt wird, um die hohen Mengen effizient und fristgerecht zu bewältigen.
Darüber hinaus ist die aktuelle Erfolgsquote der logischen Kontrolle Abnahme nicht zufriedenstellend und genügt vor allem nicht den qualitativen Ansprüchen, welche die Unit FTS und cablex an sich selbst stellen. Genau hier setzt das Projekt "Prozessoptimierung" an!
Datenerhebungen lieferten weitere Erkenntnisse.
Zusammen mit den am Prozess beteiligten Fachleuten von cablex wurde der IST-Prozess analysiert. Die Bearbeitungszeit und die Häufigkeit der jeweiligen Aufgaben ermittelte man anhand von Erfahrungswerten. Auch wurden Probleme herausgestellt und deren Ursachen in der heutigen Arbeitsweise verortet.
Die Auswertung der Daten hat ausserdem ergeben, dass die Erfolgsquote bei der ersten logischen Kontrolle (first time right) sehr tief ist und aktuell nur bei rund 30 Prozent liegt. Hinzu kommt, dass die vertraglich definierte Frist von 20 Tagen für die Anmeldung zur logischen Kontrolle deutlich überschritten wird. Diese erfolgt derzeit im Durchschnitt nach 70 Tagen.
Die Datenanalyse zeigte darüber hinaus, wann Prüfungen stattfinden, weshalb diese Prüfungen zu Korrekturen führen und wie viel Zeit dafür benötigt wird. Ausserdem offenbarte die Auswertung des Ist-Prozesses, dass die Lose innerhalb des Ablaufs vier- bis fünfmal geprüft wurden. Einige Kontrollen wurden doppelt durchgeführt und konnten dennoch die geforderten Qualitätsziele in Bezug auf die Dokumentation nicht erreichen, um die logische Abnahme durch Swisscom zu bestehen. Die mehrfachen Prüfungen innerhalb des Prozesses trugen ausserdem dazu bei, die Bearbeitungszeit und damit auch die Prozesskosten zu erhöhen.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist:
Die Verzögerung der logischen Abnahme hat keine Auswirkung auf den Endkunden – der Service kann rechtzeitig und in einwandfreier Qualität vom Kunden bezogen werden. Der Optimierungsbedarf bezieht sich hier ausschliesslich auf die Dokumentation der ausgeführten Arbeiten gegenüber Swisscom als Auftraggeberin!
In einem weiteren Workshop wurden zusammen mit einem regionen-übergreifenden Team aus Fachkräften der Business Unit FTS notwendige Aufgaben definiert und nicht-wertschöpfende sowie doppelspurige Tätigkeiten aus dem Prozess entfernt. Der neu definierte SOLL-Prozess wurde modelliert und zu Papier gebracht. Beim Vergleich des neu erarbeiteten Prozesses mit dem bisherigen Prozess wurde das Optimierungspotenzial klar ersichtlich. Das selbsterklärte Ziel der Business Unit ist natürlich, dieses Potenzial voll auszuschöpfen!
Als eine der Massnahmen zur Qualitätssteigerung hat FTS sich dazu entschieden, für die abschliessende Prüfung der Dokumente eine dezidierte Stelle zu schaffen. Diese Mitarbeitenden werden sich zukünftig ausschliesslich darauf fokussieren, die Dokumentation der Lose auf Korrektheit und Vollständigkeit zu prüfen. Zuvor fiel diese Tätigkeit – zusätzlich zu vielen anderen Aufgaben – in den Verantwortungsbereich der Bauleiter oder technischen Sachbearbeiter.
Gleichzeitig überlegte man, inwiefern digitale Lösungen die Erreichung des SOLL-Prozesses vereinfachen könnten. So wäre es beispielsweise denkbar, dass durch die Digitalisierung einige manuelle Abläufe entfallen. Ausserdem dürfte die digitale Lösung die Möglichkeit bieten, einzelne Arbeitsschritte zu quittieren und zu tracken, aus denen sich später der Status eines Loses und die Abläufe innerhalb der einzelnen Prozessschritte ableiten lassen. Auch Lösungen, die verhindern, dass ein unvollständig ausgefülltes Dokument abgegeben wird, werden geprüft.
Durch Einsatz geeigneter Software soll der Prozess unterstützt und das Optimierungspotenzial bestmöglich ausgenutzt werden. Dafür wurde auf Basis des definierten SOLL-Prozesses und der Anforderungen der Mitarbeitenden der Business Unit FTS ein Lastenheft geschrieben. Dieses wird nun eingesetzt, um sowohl extern als auch intern nach einer geeigneten Lösung zu suchen.
Basis für die Auftragsbearbeitung ist das bei cablex 2021 neu eingeführte SAP-System (SAP 4 HANA). Die Anforderungen aus dem definierten SOLL-Prozess, die nicht durch die neue SAP-Software abgedeckt werden können, sollen durch eine geeignete zusätzliche Lösung erfüllt werden.
Patricio Grille Abad leitet dieses Projekt. Er hat sich cablex Communications für diesen Beitrag als Fachexperte in beratender Funktion zur Verfügung gestellt. Die Frage nach den nächsten Schritten beantwortete er wie folgt:
"Nach Auswertung der eingegangenen Angebote und dem Entscheid für eine Software folgt eine Testphase, in der in Zusammenarbeit mit dem ausgewählten Lieferanten nötige Anpassungen vorgenommen werden. Nach erfolgter Schulung der Anwender rechnen wir damit, dass wir das neue System ab Herbst 2021 produktiv einsetzen können."